Pfarrer Georg Fetsch

Die Weiße Rose

Die Stimmung war an sich schon etwas düster, als ich neulich auf dem Friedhof am Perlacher Forst in München ein besonderes Grab besuchte. Es war die letzte Ruhestätte von Hans (geb. 1918) und Sophie Scholl (geb. 1921), den berühmten jugendlichen Widerstandskämpfern gegen das nationalsozialistische Regime. Sie wurden am 22. Februar 1943 im nahegelegenen Gefängnis Stadelheim ermordet. Geht man weiter umher, findet man noch mehr Namen, die an „Die Weiße Rose“ erinnern, eine Gruppe von jungen Studentinnen und Studenten, die aus Sorge um ihre Heimat handelten und versuchten, die Menschen gegen den Unrechtsstaat aufzurütteln: Hans Leipelt (1921-1945), Christoph Probst (1919-1943), Alexander Schmorell (1917-1943) und Marie-Luise Schultze-Jahn (1918-2010).

Die Gruppe erstellte heimlich Flugblätter, welche die staatliche Propaganda unterlaufen und die Menschen über den wahren Verlauf des Krieges informieren sollten. Die Verbreitung der Schriften war lebensgefährlich. Das ist an einem weiteren denkwürdigen Ort in München dokumentiert: dem Lichthof der Ludwig-Maximilians-Universität. Hier wurden die Geschwister Scholl am 18. Februar 1943 bei einer Flugblattaktion entdeckt und verhaftet. Sie wurden verurteilt und hingerichtet.

Bedenkt man die Ereignisse, erreichten die Machthaber genau das Gegenteil von dem, was in ihrem Interesse lag. „Die Weiße Rose“ wurde nicht ausgelöscht, sondern noch mehr ins Blickfeld derer gerückt, die Hochachtung empfinden angesichts des Mutes der jungen Menschen. Der Nationalsozialismus ging schon zwei Jahre nach den Morden unter. Der Krieg wurde beendet. Deutschland wurde befreit. Noch heute mahnen die Lebensgeschichten von Sophie und Hans Scholl und ihren Freundinnen und Freunden, wachsam zu sein und jegliche Strömung von Unrecht, Gewalt und Terror rechtzeitig zu erkennen und zu verhindern. So war das sinnlose Sterben auf jeden Fall nicht umsonst, sondern es erhält die Hoffnung am Leben, dass auch heute das Böse zuschanden wird und das Gute siegt!